Vollversammlung revisited.

Um die Vollversammlung vom 01.07.2013 nochmal zu rekapitulieren, haben wir hier nochmal unsere Forderungen - in Bild und Text. Viel Freude beim Schauen und Lesen.

»Eigentlich ist es an mir den studentischen Beitrag zu leisten und ein
kurzes Statement zu halten. Ich bin allerdings noch nicht vollständig.
Aus diesem Grund bitte ich jetzt die anderen auf die Bühne, denn
alleine kann man die Meinung der Studierenden nicht vertreten.

Wir begrüßen, dass der Universitätsrat die Meinung der
Studierenden eingefordert hat und damit diese Veranstaltung
möglich und nötig gemacht hat. Leider ist es noch keine
Selbstverständlichkeit, dass unserer Stimme so viel Raum gegeben
wird, hoffentlich bietet sich hier auch eine Gelegenheit diese Kultur
zu ändern.

Wir werden diese Gelegenheit nutzen, unsere Vorstellung von
Bauhaus 2020 zu präsentieren.

Interdisziplinarität
Unsere Vorstellung von interdisziplinarer Zusammenarbeit ist nicht
einfach das gemeinsame besuchen von Veranstaltungen
verschiedener Studiengänge.
Sie ist viel mehr die gemeinsame Verwirklichung von Projekten durch
Studierende, aus verschiedensten Disziplinen zusammenkommen
und alle ihre eigene Herangehensweise und Kompetenzen
mitbringen.

Durch dieses Zusammenwirken entsteht ein Verständnis für die
fremden Studienfelder, welches an anderen Universitäten nicht
zustande kommt und genau dieses Verständnis ist in unseren Augen
als Ziel der Interdisziplinarität zu verstehen.
Dies ist der Grund, weshalb wir das Projektstudium als Schlüssel zur
Umsetzung dieses Ziel sehen.
Denn ohne das gemeinsame Projekt bleibt uns der Einblick in andere
Studienbereiche unserer Universität verschlossen.
Deshalb fordern wir, dass die Universität endlich aufhört sich bloß
mit dem Begriff der Interdisziplinarität zu schmücken und anfängt
konkrete Strukturen für uns Studierende zu schaffen, die uns den
Einblick und die Zusammenarbeit mit anderen Disziplinen
ermöglichen.

Internationalität
Einer der Grundpfeiler des modernen Bauhauses ist ohne Frage der
internationale Austausch. Doch kann dies nicht nur ein
werbewirksames Konstrukt sein, sondern muss im besonderen Maße
Umsetzung finden und das sehr viel präziser und umfassender als es
bisher der Fall ist.
Wenn wir in den nächsten Jahren als Bauhaus weiter bestehen und
diesen Begriff weiter entwickeln wollen, ja es in unserer Pflicht steht
dies zu tun, wird es unabdinglich, den Titel der „Internationalen
Hochschule“ eine neue Bedeutung beizumessen und im äußersten
Maße gerecht zu werden.
Jeder Student muss die Möglichkeit haben sich außerhalb Weimars
und Deutschlands weiterbilden zu können, sein Wissen nach Außen
zu tragen, in den internationalen Diskurs einzusteigen und im
Auslandssemester Erlerntes wieder an die Universität
zurückzutragen. Dahingehend darf es keine Einschränkungen mehr
aufgrund eines zu verengten Studienzeitfensters geben,
Regelstudienzeiten müssen Auslandsaufenthalte gewährleisten und
darauf angepasst werden, ohne dadurch Nachteile zu erfahren.
Die erbrachten Leistungen sind besser in die bestehenden Systeme
einzufügen und dürfen keine bürokratischen Hürden mehr darstellen.
Und das in allen Fakultäten, in allen Studiengängen!

Studierende aus dem Ausland wiederum müssen eine bessere
Einbindung in das Lehrgeschehen finden als es bisher der Fall war.
Die großen Erwartungen mit denen die meisten nach Weimar
kommen, können erfüllt werden, wenn ihnen der Einstieg über eine
intensivere Betreuung im persönlichen wie auch inneruniversitär
Bereich erleichtert wird. Eine Nationalitätsaufteilung wie es in den
Studentenwohnheimen betrieben wird ist dabei untragbar. Dies gilt
es zu ändern um die Diversitäten nutzbar zu machen und den
Austausch zu stärken.

Die neuen Einflüsse, Ideen und Arbeitsweißen die so Einzug in unsere
Lehre finden sind von höchster Wichtigkeit und tragen zur Ausbildung
interkultureller Kompetenzen bei, die uns als Bauhaus Studenten
auszeichnen.

Der internationale Austausch nach Außen wie nach Innen fördert im
höchsten Maße die Weiterentwicklung und Reputation unserer
Universität und prägt die persönliche Laufbahn sowie das qualitative
und praxisorientierte Wissen eines jeden Studenten und ist darum
elementar für die Bauhaus-Universität.

Weimar Gefühl

Genauso gehört zur Bauhaus-Universität ein besonderer Flair, den
wir mit diesem Ort verbinden. Doch was ist dieses Weimar-Gefühl?
Sicher gibt es viele Gründe nach Weimar zu kommen, doch warum
gefällt es uns hier so gut? Ist es der Blick aus unserer bunten
Seifenblase, der die Welt so schön verklärt aussehen lässt? Ist es die
Möglichkeit, gut im Zentrum der Stadt zu leben? Oder doch eher die
Nähe der Epizentren studentischen Lebens?

Hier in Weimar gibt es keinen eigenen Campus, die Stadt ist unser
Campus. Überall kann man Stätten studentischen Lebens und
Wirkens finden. Aktivitäten wie Kontor und Stift, der Space Kid Head
Cup, das S140, Magazine wie Port, Eject und die Micro,
Veranstaltungsreihen wie Horizonte und Projektil oder Institution
gewordene Hobbys wie die Fahrrad- oder Textilwerkstatt sind in und
um die M18 herum entstanden. Doch die studentischen Kreise gehen
weiter. Eigenheim wurde von Studierenden gegründet, die marke.6
bespielt den Kiosk und das Neue Museum, wir feiern illegale Partys in
der Kirschplantage oder Sommerfeste am Haus am Horn. Auch dies
wird von Studierenden der Bauhaus-Universität geschaffen,
unterhalten und gestaltet.

Für eine Bauhaus-Universität, die Weimar als Stadt prägt, braucht es
eine Kultur des selbstständigen Machens und des Machen Lassens.
Was unser Leben hier prägt sind nicht die Aufgaben und Projekte aus
unseren Veranstaltungen, es ist vielmehr die Motivation sich
einzusetzen und damit etwas zu schaffen, das uns allen nützt und
weiter bringt.

Weimar ist der Stadt-Campus der kurzen Wege. Man trifft sich, läuft
sich über den Weg, man geht direkt zum Verantwortlichen statt
anzurufen, man kennt die Leute und weiß, wen man fragen muss. Die
Größe der Universität und Stadt ermöglicht eine große Dichte von
Kontakt und verhindert anonymes aneinander vorbei leben. Hier
teilen Studenten, Mitarbeiter und Professoren nicht nur den
akademischen Alltag, sie teilen hier Leben und Erleben. Weimar ist
die Universität der konzentrierten Begegnungen, alltäglicher wie
besonderer, wie unmöglicher Art.

Doch wir merken, dass sich die Zeiten geändert haben. Nicht nur die
Miete wird teurer und die Wohnsituation schlechter. Durch die
enorm gestiegene Belastung wird es immer schwerer, sich
eigenständig auf dem Stadt-Campus auszutoben. Die noch
vorhandene Fülle an eigenständigen und selbst gemachten Projekten
ist einst durch gute Studienbedingungen und ein raum-gebendes
Umfeld entstanden. Jetzt wechseln die Generationen im Jahrestakt
und die Abgabezeit bringt das studentische Leben zum Erliegen.
Kontinuität über die Semester ist in den Aktivitäten nicht gegeben,
die Regelstudienzeit setzt uns unter Druck und lässt Initiative gar
nicht erst entstehen. Wenn wir nicht Freiraum und Freiheit im
Studium und für eigene Ideen bekommen, ist das Ende der großen
Vielfalt nahe.

My Bauhaus is better than yours. Dieser Spruch prägt mehr als nur
Beutel. Dieser Spruch beschreibt die aktuelle Situation sehr treffend.
Wer prägt das Bauhaus? Wer sorgt für Exzellenz? Wer zeigt, dass
Interdisziplinarität funktioniert? Wer bewältigt gemeinsam mit
kleinen Mitteln große Aufgaben? Wer bringt Kreativität mit und hat
das Bauhaus in die Hände genommen um es fortzusetzen und in
seiner Zeit kreativ zu sein?

My Bauhaus is better than yours. Ein Satz den jeder Studierende
sagen kann und ein Satz, der an vielen Stellen dieser Universität
gehört werden muss.

Qualität der Lehre

Uns Studierenden eine qualitative Lehre anzubieten ist Aufgabe,
Verpflichtung und einzige Daseinsberechtigung der Universität.
Versagt sie hier, hat sie ihren Sinn und Zweck verfehlt.
Lehre braucht intensive Betreuung, die Wachstums- und
Schaffensprozesse kritisch und kreativ begleitet. Lehrenden und
Betreuenden müssen dafür ausreichend Kapazitäten zugesichert
werden.

Lehre braucht die materiellen Rahmenbedingungen, um ihre Wirkung
vollends entfalten zu können.
Lehre muss allumfassend gedacht werden und Forschung hat einer
ihrer integralen Bestandteile zu sein. Nur wenn fundierte Grundlagen
geschaffen werden, kann ein Aufbruch zu neuen Horizonten
geschehen. Forschung liefert Impulse von außen liefert, hat die Lehre
die Möglichkeit hat, sich aktuellen Fragen zu stellen und sich
weiterzuentwickeln.

Wir fordern deshalb den Austausch zwischen Lehre und Forschung,
vielmehr noch eine Einbettung der Forschung in die Lehre.
Wissenschaftliche Projekte von Lehrbeauftragten und
Mitarbeitenden müssen dem Blick der Studierenden zugänglich
gemacht werden und in ihren Studienalltag einfließen.
Ein Aufbrechen der Trennung zwischen diesen beiden Welten muss
unser aller Ziel sein.
Lehre ist der erste Schritt zur Arbeit an den Problemen der Zeit.
Antworten auf diese drängenden Fragen zu finden, war erklärtes
Leitbild des Bauhaus – und muss es wieder werden!

Lehre muss deshalb Bezug zur Praxis haben. Zu den Bedürfnissen und
Erfordernissen von heute und morgen.
Lehrformate gilt es somit zu überdenken und neu zu schaffen.
Prüfungsformen und Leistungsnachweise stellen keinen Selbstzweck
dar, sondern sind so anzupassen, dass sie der Entwicklung und dem
Erkenntnisgewinn der Studierenden dienen.
Die Lehre zum Gegenstand wirtschaftlicher
Rationalisierungerwägungen zu machen, wird ihr nicht gerecht, wäre
zerstörerisch und kurzsichtig.

Wir fordern deshalb:
Einsparungen dürfen unter keinen Umständen auf Kosten der Lehre
gehen.
In den nächsten 6 Jahren – und somit zum 100. Jubiläum der
Gründung des Bauhaus - müssen unsere Vorstellungen umgesetzt
werden.«

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